ULRIKE THEUSNER

„Verschüttet von schwarzen und roten Gebirgen / ist nun die gläserne Hälfte der Welt, / darin alle Bilder waren / von dir und den Menschen./ Das Glas ist nicht mehr zu heilen. / Nie mehr wird die Welt eine Kugel sein.“ 
Christine Lavant

Ulrike Theusners Arbeiten gleichen Streifzügen durch die schaurigen Trümmerlandschaften, die unser kollektives und individuelles Dasein
unter dem Vorzeichen gefühlten oder realen Verfalls darstellt. Einer Archäologin gleich versammelt sie die versprengten Fragmente unseres
Bewusstseins, deren Bruchränder noch auf die Sehnsucht nach der Erfahrung von Sinn, Sicherheit und Ganzheit verweisen, die uns Menschen
der späten Moderne versagt zu bleiben scheint. Gefühle von Angst und Zerrissenheit – diese existenzielle Grunderfahrung unserer Zeit – erkundet
Theusner in ihren Werken auf Grundlage eigener Tagebuchaufzeichnungen und schafft so Bilderwelten, in denen die oft einander ausschließenden, miteinander unablässig ringenden, nicht zu versöhnenden Eindrücke und Empfindungen auf einzigartige Weise zueinander finden, ohne ihres fragmentarischen Charakters verlustig zu gehen. 

So entstehen gebrochene Idyllen, die eine eigentümliche Schönheit nicht verleugnen können und Reminiszenzen an die Bilder James Ensors und Edvard Munchs erkennen lassen, die mehr als ein Jahrhundert früher ähnliche Erfahrungen im Ausgang der klassischen Moderne in ihren Arbeiten einfingen und in denen Zeitgenossen den Ausdruck jener enttäuschten Hoffnung auf Erlösung aus dem Zustand existenzieller Zerrissenheit erblickten. Dabei bestechen Theusners schaurig-schöne Bilder vor allem auch durch die durchdachte und stimmige Korrelation von Form und Inhalt, die, mit einem Höchstmaß an Technikbeherrschung verbunden, dem Betrachter die düsteren Seiten unseres individuellen und gesellschaftlichen Daseins fühlbar werden lässt. Indem Theusner diffizile Bedeutungsveränderungen an Material und Bildinhalten vornimmt – z. B. der Gebrauch von Pastellfarben für düster-dystopische Szenarien –, stellt sie das unhinterfragte Einverständnis mit der angstvollen und zerrissenen Gegenwart infrage und deutet ex negativo die konkrete Utopie einer Überwindung dieses Zustandes an.

“Buried by black and red mountains / is now the glass half of the world, / in which were all the images / of you and the people./ The glass can no longer be healed. / Never again will the world be a sphere.” 
Christine Lavant

Ulrike Theusner’s works are like forays through the eerie landscapes of ruins that depict our collective and individual existence under the sign of perceived or real decay. Like an archaeologist, she gathers together the scattered fragments of our consciousness, whose broken edges
still point to the longing for the experience of meaning, security, and wholeness that seems to have been denied us humans of late modernity.
In her works, Theusner explores feelings of fear and brokenness — this fundamental existential experience of our time — on the basis of her own
diary entries, thus creating pictorial worlds in which the often mutually exclusive, incessantly struggling, irreconcilable impressions and feelings
come together in a unique way without losing their fragmentary character.

The result is broken idylls that cannot deny their peculiar beauty and are reminiscent of the paintings of James Ensor and Edvard Munch, who more than a century earlier captured similar experiences at the end of classical modernism in their works and in which contemporaries saw the expression of that disappointed hope for redemption from a state of existential turmoil. Theusner’s eerily beautiful pictures are particularly captivating due to the well thought-out and coherent correlation of form and content, which, combined with the highest degree of technical mastery, makes the dark sides of our individual and social existence tangible to the viewer. By making subtle changes to the meaning of material and pictorial content — e.g. the use of pastel colours for gloomy, dystopian scenarios — Theusner questions the unquestioned acceptance of the fearful and torn present and hints ex negativo at the concrete utopia of overcoming this state of affairs.

Porträt: Ulrike Theusner Portraits, Ausstellung Eigen+Art © Mahagony

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